Die Glasmenagerie
(Tennessee Williams)
Regie
Caroline Stolz
Bühne und Kostüm
Lorena Díaz Stephens &
Jan Hendrik Neidert
Dramaturgie
Anika Bardos
Musik
Ernst August Klötzke
Mit
Susanne Bard / Lissa Schwerm / Sebastian Münster / Michael von Burg
Premiere
13. Februar 2009
Hessisches Staatstheater Wiesbaden
Bühnenbild und Kostüme - beides von Lorena Díaz Stephens und Jan Hendrik Neidert - sind wesentliche Pfeiler der Inszenierung. Und damit ist hier ein großer Wurf gelungen. Denn wo könnten diese Wingfields symbolkräftiger aufeinanderhocken, als in einem heruntergekommenen, in-the-middle-of-nowhere gestrandeten Wohnwagen?Gelsenkirchener Barock trifft auf amerikanischen Kitsch: Perlenvorhang vor Schlafkojen, Scrabble-Magnetbuchstaben am Kühlschrank, geblümte Sitzgruppe und ein scheußlich beleuchtetes Kruzifix. Und draußen Campingstühle unterm Sonnenschirm und die US-Fahne im Blumenbeet. Dazu stecken die Wingfields in charakteristischen Kostümen. Amanda im hautengen Leoprint-Shirt über Leggings. Laura im Schlafanzug, mit Schlafbrille und Kopfhörer von der Außenwelt abgeschottet. Und Tom mit Baseballkappe.
WIESBADENER TAGBLATT, 16.02.2009
Regisseurin und Leiterin der Bühne, Caroline Stolz, hat die alte Szenerie des Autors in ein passend aktuelles Bild von Sackgassen-Enge übersetzt. Und es gelingen ihr fantasievoll visuelle Umsetzungen mehr: für den Erzählrahmen des Stücks wie auch für das titelgebende Glassymbol. Anstelle von Toms Rückblenden tritt der Arbeitsversuch des Kinogängers am Skript für einen Film namens "Glasmenagerie", und die Glasfigur selbst ist mehr als zerbrechlich, nämlich: als Eiswürfel ebenso durchsichtig, aber zwischen den Händen dann auch als Wasser zerrinnend. Das passt. (...) Susanne Bard verkörpert diese Widersprüchlichkeit mit ritualisierter Autorität und schriller Liebenswürdigkeit bis hin zur Selbstparodie. Witz steckt in der Inszenierung ihrer Gesten - sie krallt sich einen der ihrer Tochter wertvollen Eiswürfel für ihren Whisky - doch lächerlich wirkt die Figur selbst nicht. (...) Der in die Jahre gekommene Tennessee Williams ist entstaubt, oder besser gesagt: entwässert, wenn Laura zum Schluss den Produzenten ihrer Traumwelt, den Kühlschrank, enteist. Alles fließt.
WIESBADENER KURRIER, 16.02.2009
Familie Wingfield lebt im Wohnwagen: Tisch, Küche,Betten, Toilette und Schrank - alles dicht zusammengepfercht und auch noch ein Zaun davor. Das Publikum zur Premiere des Stücks "Die Glasmenagerie" von Tennessee Williams in der Wartburg sieht auf den ersten Blick, dass hier ohne Bewegungsradius auch die Lebensperspektive fehlt. Regisseurin und Leiterin der Bühne, Caroline Stolz, hat die alte Szenerie des Autors in ein passend aktuelles Bild von Sackgassen-Enge übersetzt.
WIESBADENER TAGBLATT, 16.02.2009
Caroline Stolz hat dieses Meisterwerk neurotischen Charmes ebenso sensibel wie robust in Szene gesetzt: als Familienmuster, das in unseren Tagen viele Beispiele findet. In perfekt durchdachtem Wohnwagen-Ambiente lebt man isoliert vor sich hin (...). In der autobiografischen Rolle des Tom (...) überzeugt Sebastian Münster. Tennessee Williams am nächsten, vermittelt Lissa Schwerm das melancholische Flair und die bittere Poesie des Stückes.
FRANKFURTER NEUE PRESSE, 17.02.2009
Sebastian Münster verteidigt die melancholischen Züge seines Tom, den Kampf mit Pflicht und Neigung auch gegen die schrillen Töne. Lissa Schwerm ist zuweilen richtig kratzbürstig als psychisch und physisch versehrte Laura. (...) Eine Gelegenheit mehr für Michael von Burg (...) den Jim als Widerling erster Güte zu spielen. (...) Ein schönes, leises Schlussbild nach viel buntem Lärm.
FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG, 17.02.2009
Die Inszenierung besitzt aufregend verdichtende Authentizität. Sie modelt um, nimmt Neues hinzu, wirft Unpassendes über Bord (...) und entwirft dabei ohne Attitüde den Schrottplatz des Lebens. [Es] vermischen sich Wirklichkeit und Schein in zärtlicher Symbiose, welche komische Einfälle auslöst. Mit ihnen verleiht Stolz dem (...) Spiel einen modernen, knalligen Unterhaltungswert.